blind justice

Nachdem die Bundesregierung im Koalitionsvertrag gewichtige Vorhaben im Bereich der Digitalisierung angekündigt hat, steht für den Herbst eine gesetzliche Umsetzung eines Hauptziels an: die Änderung des Telemediengesetzes (TMG). Ziel der Regierung ist es unter anderem, die Voraussetzungen für mehr WLAN-Angebote zu schaffen und somit den deutschen Rückstand diesbezüglich gegenüber anderen Staaten aufzuholen.

Konkret soll die Gesetzesänderung unter anderem bei der Klarstellung der Haftungsprivilegierung von WLAN-Betreibern und der Beschränkung der Störerhaftung ansetzen.

1. Vorhaben der Bundesregierung

Mit steigender Digitalisierung wächst auch in Deutschland das Bedürfnis der Öffentlichkeit nach öffentlichen Hotspots. Egal ob bei Geschäftsreisen, Urlaub oder Wartezeiten beim Arzt – der Internetnutzer möchte in jeder Lebenssituation schnellen Internetzugriff haben und nicht dem Datenvolumen seines Handyanbieters unterworfen sein.

Dennoch hinkt Deutschland diesbezüglich hinter anderen Staaten zurück – dies vor allem aufgrund ungeklärter Rechtsfragen. Denn wer „in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung eines geschützten Rechtsguts beiträgt“, kann im Falle der Verletzung von geistigem Eigentum möglicherweise als Störer herangezogen werden – so hat es der Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung „Sommer unseres Lebens“ formuliert. Die so genannte Störerhaftung ist nicht zuletzt aufgrund der Schwierigkeit, sich von ihr zu befreien, einer von vielen Fallstricken, der viele Privatperson und Unternehmer von der Einrichtung öffentlicher Hotspots abgehalten haben dürfte; denn neben dem Unterlassungsanspruch, dem der Störer häufig nur durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung begegnen kann, sieht sich der Störer vor allem den Aufwendungsersatzansprüchen ausgesetzt, also der Tragung insbesondere der Anwaltskosten.

2. Umsetzung im Referentenentwurf der TMG-Novelle

Um diese Hemmschwelle zu nehmen will der Gesetzgeber in § 8 Abs. 3  + 4 TMG n. F.  zweierlei regeln. Zum einen soll in Absatz 3 der WLAN-Betreiber in den Kreis der nach § 8 Privilegierten aufgenommen werden; zum anderen soll Abs. 4 darüber hinaus regeln, wann der WLAN-Betreiber nicht als Störer haftet. Zum letztgenannten Punkt bestimmt der Gesetzesentwurf, dass eine Störerhaftung ausscheiden soll, wenn der Diensteanbieter „zumutbare Maßnahmen“ ergriffen hat, um Rechtsverletzungen zu verhindern. Exemplarisch („insbesondere“) nennt § 8 Abs. 4 TMG dabei das Ergreifen „angemessener Sicherungsmaßnahmen“ (Nr. 1) sowie die Zugangsgewährung nur an solche Nutzer, die erklärt haben „im Rahmen der Nutzung keine Rechtsverletzungen zu begehen“ (Nr.2).

Die Bestimmungen klingen nicht zufällig vertraut – der Gesetzgeber hat sich an der Rechtsprechung der letzten Jahre orientiert und dort entschiedene Fallgruppen aufgenommen. Abschließend ist diese Aufzählung jedoch nicht, wie die Formulierung „insbesondere“ vor der Aufzählung zumutbarer Maßnahmen deutlich macht. In der Begründung des Referentenentwurfs heißt es hierzu: „Dies schließt nicht aus, dass auch andere zumutbare Maßnahmen ergriffen werden können, wodurch nicht zuletzt die dauerhafte Anwendbarkeit der Vorschrift im fortschreitenden technologischen Veränderungsprozess sichergestellt wird.“

Welcher Art diese anderen zumutbaren Maßnahmen sein könnten, darüber schweigen sich sowohl der geplante Gesetzestext als auch dessen Begründung aus. Letzten Endes wird es auch hier der Rechtsprechung obliegen, zu entscheiden, ob ergriffene Maßnahmen des WLAN-Betreibers ausreichend sind oder nicht. Die unbestimtmen Rechtsbegriffe tragen nur bedingt zur Rechtssicherheit bei.

3. Fazit

Angesichts der eindeutigen Mehrheiten der Bundesregierung gilt eine Verabschiedung des Gesetzes als sicher. Mit Spannung kann erwartet werden, wie die Rechtsprechung mit der Novellierung umgeht und wie praxistauglich der Ansatz der Bundesregierung sein wird. Ob die erhoffte Rechtssicherheit durch die bloße Normierung der aktuellen Rechtsprechung erreicht wird, erscheint fraglich. Inwiefern dies den durchschnittlichen Verbraucher und Unternehmer dazu motivieren wird, sich auf das Wagnis eines öffentlichen WLAN-Hotspots einzulassen, wird die Zukunft zeigen. Die Bundesregierung hat für das Jahr 2018 eine statistische Erhebung angekündigt, in der sie das Erreichen ihrer Ziele überprüfen will – man darf gespannt sein.

Verfasser: